Holacracy
Glossar


Zentrale Begrifflichkeiten der Holacracy-Praxis.


A-D


 

siehe → Verantwortlichkeit

siehe → individuelle Aktion 

Der Ankerkreis ist der höchste Kreis der Organisation und hat keinen Super-Kreis. In der Regel hat er nur die Funktion, den Sinn und Zweck (Purpose) zu definieren und den Kreis-Lead des ersten operativen Sub-Kreises, des “GCC”, bzw. “Hauptkreises”, zu bestimmen. Der Ankerkreis selber kann auch ohne eigene Kreis-Lead Rolle geführt werden. Oftmals sitzen hier die Inhaber der Organisation, die die Verfassung ratifiziert haben.

siehe → Befugnis ​ 

Wenn ein Kreismitglied einen Vorschlag in ein Governance-Meeting einbringt, um die strukturellen Erwartungen anzupassen (z.b Rollen oder Verantwortlichkeiten), so dürfen die anderen Teilnehmer ihre Sicherheitsbedenken gegen den Vorschlag vorbringen. Diese werden geprüft und wenn sie der Prüfung standhalten, werden sie als “Einwände” festgehalten, die später im Schritt “Integration” in einen verbesserten Vorschlag integriert werden müssen.

Holacracy krempelt die klassische Befugnisstruktur einer Organisation um, indem sie Befugnisse dezentralisiert und an Kreise und Rollen verteilt. Jeder Rollen-Lead darf autonom alles tun und entscheiden, was seinem Ermessen nach dem Sinn und Zweck oder den Verantwortlichkeiten seiner Rolle dienen würde - es sei denn, die Verfassung oder eine Richtlinie verbietet dies explizit. In den Holacracy-Regeln liegt implizit ein grundsätzliches Zutrauen in die Fähigkeiten der jeweiligen Rollen-Leads.

In Version v4.1 der Holacracy-Verfassung dient das Konstrukt eines “Cross-Links” als ein Kanal eines Kreises in einen anderen Kreis, um Spannungen in die eine oder die andere Richtung verarbeiten zu können, für den Fall, dass die beiden Kreise z.B. nicht durch Kreis-Leads oder Kreis-Reps direkt miteinander verbunden sind. In Version 5.0 der Verfassung entfallen Cross-Links, da die Möglichkeit geschaffen wurde, dass sich Rollen direkt in andere Kreise hinein verlinken. 

Holacracy hat einen anderen Umgang mit Deadlines als konventionelle Organisationen. Laut Verfassung v5.0 gilt: “Falls die Governance Aufzeichnungen oder irgendeine offizielle Strategie oder Priorisierung eines Kreises eine Deadline enthält, die definiert, bis wann etwas getan werden muss, so darf niemand das als ein Mandat interpretieren, diese Deadline ohne Rücksicht auf die Auswirkungen einer solchen Entscheidung zu erfüllen. Stattdessen musst du sie als eine offizielle Priorisierung aller Schritte interpretieren, die erforderlich sind, um diese Deadline einzuhalten, relativ zu allen anderen Schritten dieses Kreises, und entsprechend handeln.”

Eine Domäne ist ein Holacracy-Konstrukt, das dazu dient, den standardmäßig freien Zugriff aller Rollen-Leads auf einen bestimmten Bereich der Organisation einzuschränken und zu kontrollieren, z.B. eine Domäne “Dienstwagen”. Eine Domäne erzwingt die Abstimmung mit dem Domäneninhaber, der den Zugriff durch andere erlauben, verbieten und generell regeln darf. Eine Ablehnung von Zugriff ist begründungspflichtig. Domänen sollten niemals anlasslos (ohne zugehörige Spannung) geschaffen werden, da sie wie “Zäune” wirken und freien Zutritt beschränken. Nur wenn ihr Fehlen einen Schaden verursachen würde, sind sie gerechtfertigt. 

E-G


 

Während eines Governance-Meetings prüft der Prozessmoderator (Facilitator), ob Bedenken gegen einen Vorschlag entsprechend der Regeln der Verfassung einen “Einwand” konstituieren. Hierfür stellt der Prozessmoderator Testfragen, die die vier Einwandskriterien ermitteln und nicht integrationspflichtige Bedenken herausfiltern sollen. Alle Einwände gegen einen Vorschlag werden festgehalten und im Schritt “Integration” in einen verbesserten Vorschlag integriert. 

In Holacracy haben implizite Erwartungen keinerlei Gewicht. Man kann sich im Arbeitsalltag nicht auf sie stützen. Um implizite Erwartungen explizit zu machen, darf jedes Kreismitglied den Governance-Prozess nutzen, um Vorschläge für neue Erwartungen einzubringen. Falls am Ende des Prozesses keine Einwände mehr gegen einen Vorschlag bestehen, gilt die neue Erwartung als angenommen und wird Teil der offiziellen Governance-Aufzeichungen, die in einem Software-Tool (z.B. Glassfrog oder Holaspirit) als verbindliche Referenz festgehalten wird. Auf diese Weise werden die impliziten Erwartungen zu Spannungen, deren kontinuierliche Verarbeitung durch den Governance-Prozess zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der Struktur (der Erwartungen) der Organisation führt. 

siehe → Prozessmoderator*in

Ein Formfehler liegt vor, wenn das Ergebnis eines Governance-Prozesses nicht den verfassungsmäßig zulässigen Ergebnissen entspricht. So dürfen z.B. in einem Governance-Prozess keine Entscheidungen operativer Art getroffen werden. Es darf nur entschieden werden, welche Rolle diese Art von operativen Entscheidungen treffen soll und welche Einschränkungen oder Erlaubnisse (Richtlinien) hierbei zu beachten sind. Mithin sind konkrete Projekte oder nächste Schritte als Ergebnis ein Formfehler, da sie die erforderliche Form verletzen (Rolle oder Verantwortlichkeit oder Richtlinie wäre hingegen zulässig). Der Prozessmoderator oder der Kreis-Sekretär sollte in der Lage sein, einen Formfehler zu entdecken, und an der passenden Stelle einen Formfehler-Einwand (“ungültiger Governance Output”) in Bezug auf den Vorschlag zu erheben. Im darauf folgenden Schritt “Integration” kann der Vorschlag dann dergestalt modifiziert werden, dass er den Formfehler nicht mehr hervorruft und immer noch die ursprüngliche Spannung löst. 

GCC steht für General Company Circle

siehe → Hauptkreis

Glassfrog® ist das von HolacracyOne herausgegebene Software-Tool, in welchem die Kreis-Sekretäre die Governance-Aufzeichnungen der Organisation pflegen. Gleichzeitig finden die Kreismitglieder hier ihre Übersicht über ihre laufenden Projekte, Checklisten, Kennzahlen und Spannungen. Es bietet eine Live-Unterstützung für die Durchführung von Meetings. Die Holacracy-Praxis ohne Software-Unterstützung durch ein passendes Tool ist zwar möglich aber ungleich mühsamer.  

Governance ist – in Abgrenzung zu “Operations” – die Dimension der wiederkehrenden Erwartungen. Während Projekte und nächste Schritte der operativen Dimension, bzw. “Operations” angehören, sind alle Elemente von Governance abstrakter und beziehen sich auf grundlegende Erwartungen und Prozesse, die wiederkehrend ablaufen. Daher sind die zulässigen Elemente von Governance-Entscheidungen nur Veränderungen am Sinn und Zweck, an Kreisen, an Rollen, an Verantwortlichkeiten, an Domänen oder an Richtlinien. All diese Elemente haben im Gegensatz zu Projekten oder nächsten Schritten keinen definitiven Endpunkt. “Governance” ist ein Begriff, der kontextbezogen auch “Governance Aufzeichnungen” oder “Governance Meetings” bedeuten kann. 

Governance-Aufzeichnungen sind das Ergebnis des Governance-Prozesses jeden Kreises.

Jeder Kreis-Sekretär pflegt die Governance-Aufzeichnungen seines Kreises in einem Software-Tool (z.B. Glassfrog oder Holaspirit). Auf diese Weise sind sie für alle Mitglieder der Organisation alle Kreise, Rollen und Verantwortlichkeiten jederzeit transparent und nachvollziehbar. Der gewählte Kreis-Sekretär hält eine Domäne über die Governance-Aufzeichnungen seines Kreises. Das bedeutet, dass niemand anders die Aufzeichnungen ohne Rücksprache verändern darf. Es gehört zur Rolle des Kreis-Sekretärs, dass dieser bei Ambivalenzen zu einer offiziellen Auslegung der Governance-Aufzeichnungen aufgefordert werden kann. Diese Auslegungen werden dann Teil der Governance-Aufzeichnungen und gelten, bis sie durch den Governance-Prozess widerrufen werden. 

Drei der vier Standardrollen eines Kreises werden mithilfe des integrativen Wahlprozesses während eines Governance Meetings besetzt: Kreis-Sekretär*in (Secretary), Prozessmoderator*in (Facilitator) und Kreis-Rep (Rep Link). Ausnahme: Die Kreis-Lead Rolle wird nicht gewählt sondern in der Regel durch den Kreis-Lead des Super-Kreises besetzt. Der integrative Wahlprozess vereint Elemente einer demokratischen Wahl (Stimmen zählen) mit den Elementen der integrativen Entscheidungsfindung (Einwandrunde, Integration, etc.)

K-H


 

Ein Kreis ist ein Holacracy Konstrukt, das durch den Governance Prozess erschaffen wird, um eine Arbeitsfunktion abzubilden, die so ausdifferenziert ist, dass ein einzelner Rollen-Lead nicht mehr ausreicht. Kreise enthalten mehrere Rollen, die von Kreis entsprechend der notwendigen Arbeit ausdefiniert werden, sowie gewisse Standardrollen, die von der Verfassung gefordert werden (Kreis-Lead, Kreis-Sekretär*in, Prozessmoderator*in, Kreis-Rep). Kreise (und ihre Rollen) können ineinander geschachtelt sein und potentiell unbegrenzt Sub-Kreise erzeugen, falls nötig. 

Die Erzeugung eines Sub-Kreises erfolgt unter den Regeln der Verfassung v4.1 durch den Governance-Prozess. In Verfassung v5.0 werden Rollen und Kreise stärker als parallele Konstrukte behandelt. Daher darf jede Rolle sich in v5.0  jederzeit intern als Kreis konfigurieren, um seine Arbeit intern zu strukturieren. Bei Bedarf können dann auch Kreis-Reps zu Vertretung gewählt werden. 

Kreis-Lead (Lead Link) ist eine der Standard-Rollen eines Kreises. Kreis-Leads werden nicht gewählt, sondern standardmäßig durch den Kreis-Lead des Super-Kreises bestimmt. Ein*e Kreis Lead hält den Sinn und Zweck seines*ihres Kreises als Ganzes und vertritt diesen im Super-Kreis. Der Kreis-Lead eines Kreises, z.b. “Marketing”, ist im Kontext des Super-Kreises einfach nur die Rolle “Marketing”. Kreis-Leads besetzen die Rollen ihres Kreises mit passenden Rollen-Leads und können die Besetzung auch jederzeit wieder ändern, wenn die Passung nicht gut ist. (Auch Rollen-Leads dürfen ihre Rollen selber wieder ablegen.) Bei Bedarf geben sie fachliches Passungsfeedback. Kreis-Leads sind jedoch keine disziplinarischen Führungskräfte. Sie sind verantwortlich dafür, die Governance ihres Kreises zu strukturieren, so dass der Kreis seinen optimal seinen Sinn und Zweck ausdrückt. In v4.1 erfolgt der Zugriff auf Ressourcen für anderen Kreismitglieder nur durch die Freigabe durch den Kreis-Lead. In v5.0 der Verfassung gibt es stattdessen einen Standard-Prozess für den Zugriff auf Ressourcen, bei der der Kreis-Lead nur noch eine Veto-Funktion hat.

Kreis-Rep (Rep Link) ist eine der Standard-Rollen eines Kreises. Kreis-Reps werden durch die Kreismitglieder des Kreises mithilfe des integrativen Wahlprozesses in den Governance-Meetings des Kreises gewählt. Ihr Sinn und Zweck ist es, die Spannungen, die von Kreismitgliedern gefühlt, jedoch nicht auf der Ebene des Kreises selbst gelöst werden können, nach außen zu kanalisieren und dort zu lösen (normalerweise im Super-Kreis). Kreis-Reps werden in der Regel nur aktiv, wenn es Governance-Themen gibt. Eine standardmäßige Teilnahme an Meetings des Super-Kreises ist nicht erforderlich. In v5.0 der Verfassung werden Kreis-Reps nur auf Anfrage von Kreismitgliedern gewählt (und nicht standardmäßig bei der Einrichtung eines neuen Kreises). 

Kreis-Sekretär*in

Kreis-Sekretär*in (Secretary) ist eine der Standard-Rollen eines Kreises. Kreis-Sekretär*innen werden durch die Kreismitglieder des Kreises mithilfe des integrativen Wahlprozesses in den Governance-Meetings des Kreises gewählt. Ihr Sinn und Zweck ist es, die Governance Aufzeichnungen des Kreises zu verwalten. Zu ihren Verantwortlichkeiten gehören auch die Einberufung der regulären Meetings des Kreises (Tactical und Governance), sowie die offizielle Auslegung der Verfassung oder der Governance-Aufzeichnungen des Kreises auf Anfrage anderer Kreismitglieder.  

Der Hauptkreis oder auch “General Company Circle” (GCC)  ist in der Regel der höchste operative Kreis, in welchem die Arbeit der Organisation erledigt wird. Er wird manchmal noch vom Ankerkreis umschlossen, der jedoch selber keine wesentliche operative Tätigkeit tut und lediglich als eine Art Board dient. In manchen Organisationen sind Ankerkreis und Hauptkreis identisch.   

Eine Holarchie bezeichnet nach Arthur Koestler eine Hierarchie von Holons. “Holons” sind “Teil-Ganze”, d.h. Ganze, die zugleich Teile von größeren Ganzen sind, usw., man denke z.B. an russische Puppen oder die Sequenz Atome - Moleküle - Zellen - Organe. Holacracy imitiert diese natürlich vorkommenden Strukturen. Wenn die Organisation wächst, differenziert sie sich immer weiter aus, indem sie nach Bedarf Sub-Kreise und Sub-Sub-Kreise, usw. bildet. Die Struktur ist also fraktal und daher beliebig skalierbar. 

Holakratie ist also “holarchisch” strukturiert.  

Holaspirit ist das von der gleichnamigen französischen Firma herausgegebene Software-Tool, in welchem die Kreis-Sekretäre die Governance-Aufzeichnungen der Organisation pflegen. Gleichzeitig finden die Kreismitglieder hier ihre Übersicht über ihre laufenden Projekte, Checklisten, Kennzahlen und Spannungen. Es bietet eine Live-Unterstützung für die Durchführung von Meetings. Die Holacracy-Praxis ohne Software-Unterstützung durch ein passendes Tool ist zwar möglich aber ungleich mühsamer.    

I-R


 

In Holacracy findet die meiste Arbeit innerhalb klar definierter Rollen statt. Fällt Arbeit an, die aus Sicht des Rollen-Leads zwar für den Sinn und Zweck der Organisation wichtig wäre, jedoch noch nicht grundsätzlich durch Rollen-Definitionen in den Governance-Aufzeichnungen abgedeckt ist, so handeln Rollen-Leads notwendigerweise außerhalb ihrer Rollen – man spricht von “individueller Aktion” (Verfassung v4.1) oder “individueller Initiative” (Verfassung v5.0). Kommt es mehr als einmal vor, so haben sie den Auftrag, diese Spannung in ein Governance-Meeting zu bringen, um die neue, wiederkehrende Tätigkeit zu dokumentieren, so dass die Organisation dazulernen kann. 

Ein weiterer Fall von individueller Initiative liegt vor, wenn ein Rollen-Lead in einer Notsituation sich über bestehende Richtlinien oder Domänen hinwegsetzt und somit existierende Erwartungen bricht. Das ist in bestimmten Ausnahme-Situationen erlaubt - die Kriterien und Regeln dafür sind in der Verfassung definiert. Der Sinn dieser Regeln ist, dass man handlungsfähig bleibt, obwohl die Governance noch nicht alle Eventualitäten voraussehen konnte (was sehr pragmatisch und realistisch ist).

siehe → Kreis-Lead

Prozessmoderator*in

Prozessmoderator*in (Facilitator) ist eine der Standard-Rollen eines Kreises. Prozessmoderator*innen werden durch die Kreismitglieder des Kreises mithilfe des integrativen Wahlprozesses in den Governance-Meetings des Kreises gewählt. Ihr Sinn und Zweck ist es, die von der Verfassung geforderten Meeting-Formate des Kreises entsprechen der Regeln zu moderieren. Die Arbeit der Rolle Prozessmoderator*in ist anspruchsvoll und erfordert in der Regel ein gründliches Training. 

siehe → Sinn und Zweck  

Eine Rolle ist ein Holacracy Konstrukt, welches eine Arbeitsfunktion abbildet und im Governance-Prozess eines Kreises geschaffen und modifiziert wird. Rollen bilden wiederkehrende Erwartungen ab. Der Sinn und Zweck der Rolle erfüllt einen Teil des Sinn und Zwecks des Kreises und die Verantwortlichkeiten einer Rolle bilden die wiederkehrenden Aktivitäten ab, die die Person, die die Rolle ausfüllt (ihr Rollen-Lead) regelmäßig erwägen muss. Eine Rolle kann zudem optional eine Domäne innehaben, die sie als Bereich der Organisation exklusiv kontrollierten darf. Rollen können mehrfach durch mehrere Rollen-Leads besetzt sein. Hierbei kann die Kreis-Lead Rolle Fokusbereiche der Rolle definieren und diese den einzelnen Rollen-Leads zuweisen. In Version 5.0 der Holacracy Verfassung dürfen sich Rollen jederzeit intern als Kreis organisieren - ohne Governance-Entscheid des sie beinhaltenden Kreises. Der/die Rollen-Lead/s wird/ werden dabei intern zu(m) Kreis-Lead(s). Die Übernahme von Rollen ist freiwillig. Sie können jederzeit niedergelegt werden, es sei denn, es wurden andere Vereinbarungen getroffen (z.B. im Arbeitsvertrag).

siehe → Rollen-Lead

in Rollen-Lead (“Rollenfüller*in”) ist die Bezeichnung für einen Menschen, der eine bestimmte Rolle ausfüllt. Der Begriff wurde in der Verfassung v5.0 eingeführt, um die Parallelität der Konstrukte von Rolle und Kreis hervorzuheben. Kreise haben “Kreis-Leads”, Rollen haben “Rollen-Leads”.

S


 

siehe → Kreis-Sekretär*in

Holacracy strukturiert eine Organisation anhand ihres übergreifenden Sinn und Zwecks (Purpose). Die Arbeit der Organisation wird organisch in Rollen, Kreise und Sub-Kreise gegliedert, deren Sinn und Zweck jeweils auf den übergreifenden Sinn und Zweck einzahlt. Jeder Kreis und jede Rolle hat ein hohes Maß an Autonomie und darf seinen Sinn und Zweck und seine spezifischen Verantwortlichkeiten selber interpretieren und selbstorganisiert zum Ausdruck bringen. Der Sinn und Zweck (Purpose) ist der Nordstern, an dem sich die gesamte Organisation ausrichtet. 

Eine “Spannung” bezeichnet in Holacracy die Lücke zwischen einem Ist-Zustand und einem Soll-Zustand. Je größer der Abstand zwischen beiden, desto größer die Spannung - wie bei einem Gummiband, das man immer weiter auseinander zieht. Wenn man in Holacracy eine Rolle füllt, so dient der Mensch in der Rolle als eine Art “Sensor” für die Organisation, indem er ihr seine Sinne zur Verfügung stellt. Er erspürt im Sinne der Organisation Spannungen und hat die Pflicht, sie zu erfassen und für seine Rollen zu lösen. Sowohl “Probleme” als auch “Chancen” können Spannungen darstellen. Ob das Glas nun “halb leer” oder “halb voll” ist, ist für Holacracy irrelevant - der Abstand zwischen “Ist” und “Soll” bildet den Kern der Spannung.

Kreise enthalten mehrere Rollen, die vom Kreis entsprechend der notwendigen Arbeit ausdefiniert werden, sowie gewisse Standardrollen, die von der Verfassung gefordert werden: Kreis-Lead (Lead Link), Kreis-Sekretär*in (Secretary), Prozessmoderator*in (Facilitator), Kreis-Rep (Rep Link).   

Eine Strategie ist in Holacracy eine Entscheidungsregel, die bei der Priorisierung der Arbeit helfen soll. Sie wird in Form einer Polarität zwischen zwei Werten festgehalten, die beide wertvoll sind, wobei jedoch einer dieser Pole temporär Vorrang gegenüber dem anderen kommt, z.b. “Schnelligkeit am Markt ist sogar noch wichtiger als Qualität”, bzw. umgekehrt “Qualität ist sogar noch wichtiger als Schnelligkeit am Markt”. Eine solche polare Formulierung muss potentiell auch umkehrbar sein und immer noch funktionieren. (Nicht: “Hohe Qualität ist sogar noch wichtiger als geringe Qualität” - Das wäre trivial und funkioniert nicht umgekehrt)

Ein Kreis aus der Sicht eines ihn umfassenden und einschließenden Kreises. Jeder Kreis kann beliebig viele Sub-Kreise erschaffen. Die Struktur wächst gewissermaßen “nach unten” durch Ausdifferenzierung. 

Die Sicht auf einen Kreis von innerhalb eines von diesem Kreis eingeschlossenen Kreises. Der höchste Kreis, der Anker-Kreis hat selber keinen Super-Kreis.

T-Z


 

Die Rollen eines Kreises synchronisieren ihre Arbeit in wöchentlichen Tactical Meetings. Diese beginnen mit einer Check-in Runde , bei der jedes Kreismitglied sagt, was es sagen möchte, um Ablenkungen bewusst zu machen und ganz im Meeting anzukommen. Danach überprüft der Kreis Checklisten von Aktionen, die für den Kreis relevant sind. Es folgt eine Durchsicht von Kennzahlen , die die Gesundheit des Kreises wiederspiegeln. Danach werden die aktuellen Projektfortschritte des Kreises berichtet. Bei der folgenden Erstellung der Agenda parken die Teilnehmer ihre mitgebrachten Spannungen mit ein bis zwei Worten als Platzhalter. Der Secretary erfasst die Punkte auf Zuruf.

 

Während der Bearbeitung der Agenda fragt der Prozessmoderator (Facilitator) für jeden Agenda-Punkt “Was brauchst du?” Nach einer kurzen Diskussion werden in der Regel Projekte und nächste Schritte erfasst und an die passenden Rollen verteilt. Wenn der Spannungsinhaber die nötige Klarheit über das weitere Vorgehen gewonnen hat, wird zügig die nächste Spannung verarbeitet. Der Prozessmoderator achtet darauf, dass jede Spannung auf der Agenda behandelt wird. Wenn alle Spannung abgearbeitet worden sind, schließt der Kreis mit einer Abschlussrunde, bei der die Partner nacheinander kurz über das Meeting reflektieren und dazu ein Abschluss-Statement teilen können. 

Siehe auch Tactical Meeting.


Während des Governance-Meetings fragt der Prozessmoderator jedes Kreismitglied nach Bedenken, die in Bezug auf die Annahme eines Vorschlags bestehen. Sicherheitsbedenken zu äußern macht den Vorschlag sicher, damit seine Annahme keinen Schaden hervorruft oder die Organisation behindert. Falls Bedenken identifiziert werden, so werden diese daraufhin getestet, ob sie “Einwände” gemäß den vier in der Verfassung definierten Kriterien darstellen und entsprechend integrationspflichtig sind. Ob die Bedenken den vier Kriterien entsprechen, wird durch den Prozessmoderator mithilfe von vier Testfragen geprüft, die verschiedene Arten von unproduktiven Bedenken herausfiltern sollen, so dass sich nur diejenigen Bedenken als Einwände qualifizieren, die aus Sicht von Holacracy Sinn machen. So wird z.b. geprüft, ob der Vorschlag wirklich eine der Rollen des Bedenkentragenden behindern würde, oder ob dieser nur “helfen” will (wird er selber in seinen Rollen nicht behindert, so gilt sein Bedenken nicht als “Einwand”). Nur Einwände müssen integriert werden. 

ungültige Governance

siehe → Formfehler

Verantwortlichkeiten

Verantwortlichkeiten sind wiederkehrende Tätigkeiten, die einer Rolle durch die Governance ihres Kreises zugewiesen werden, z.b. “monatlichen Newsletter versenden” an der Rolle “Marketing”. Rollen-Leads dürfen selber entscheiden, wann, wie und mit wieviel Aufwand sie ihre Verantwortlichkeiten ausdrücken.  

Die Verfassung definiert für alle Rollen-Leads eine “Pflicht zur Verarbeitung” [Duty of Processing]. “Verarbeiten” in diesem Sinne bedeutet, dass man die eingehenden Anfragen sichtet und auf der Meta-Ebene sortiert, indem man definiert, was die zu erledigende Arbeit ist und diese in einem verlässlichen System festhält, bzw. der anfragenden Rolle auf ihre Anfrage antwortet. “Verarbeiten” bedeutet nicht, dass man die definierten Aufgaben unverzüglich abarbeitet. Die Abarbeitung der Aufgaben ist abhängig von der lokalen Priorisierung jedes Role-Leads, die er oder sie (unter Einbeziehung globaler Prioritäten, z.B. Strategien des Kreises oder Priorisierungsvorgaben des Kreis-Leads) vornehmen darf und muss. 

Um die Struktur der gegenseitigen Erwartungen zu ändern, darf jedes Mitglied einen Vorschlag in den Governance Prozesse eingeben. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine Rolle von einer anderen Rolle etwas erwarten können möchte, diese Erwartung jedoch noch nicht explizit in den Verantwortlichkeiten der jeweiligen Rolle festgehalten worden ist. Da implizite Erwartungen in Holacracy kein Gewicht haben und man sich nicht auf sie stützen kann, erzeugt das die Spannung, die dem Vorschlagenden als Ausgangspunkt für seinen Vorschlag dient. Jeder zulässige Vorschlag muss auf eine Spannung zurückführbar sein, die ein*e Rollen-Lead aus eine seiner*ihrer Rollen empfindet – rein persönliche Spannungen zählen nicht. 

 

Vorschläge können synchron während Governance-Meetings oder auch asynchron , d.h. außerhalb von Governance Meetings verarbeitet werden. Vorschläge können vor einem Meeting ausgearbeitet werden oder alternativ im Governance-Meeting mit der Hilfe der anderen Kreismitglieder gemeinsam erarbeitet werden. Die Schwelle, um Veränderungsvorschläge einzubringen ist denkbar niedrig und jedes Kreismitglied ist dazu eingeladen, zu helfen, die Erwartungen, die in den Governance-Aufzeichnungen festgehalten werden, weiter zu entwickeln. 


Drei der vier Standardrollen eines Kreises werden mithilfe des integrativen Wahlprozesses während eines Governance Meetings besetzt: Kreis-Sekretär*in (Secretary), Prozessmoderator*in (Facilitator) und Kreis-Rep (Rep Link). Ausnahme: Die Kreis-Lead Rolle wird nicht gewählt sondern in der Regel durch den Kreis-Lead des Super-Kreises besetzt. Der integrative Wahlprozess vereint Elemente einer demokratischen Wahl (Stimmen zählen) mit den Elementen der integrativen Entscheidungsfindung (Einwandrunde, Integration, etc.)


Noch weitere Fragen?


Schaue dir unsere Events an oder buche ein kostenfreies Beratungsgespräch.


Kostenlose Beratung