“Die wollen doch nur spielen”?! – Purpose Journey mit LEGO® SERIOUS PLAY® bei Xpreneurs

Stefanie Weck-Rauprich

Erst kürzlich ging es in einem unserer Blogbeiträge um das Thema teal und damit um Organisationen, die sich nach einem “höheren Sinn”ausrichten. Und sowieso: wer sich ein bisschen eingehender mit Responsive Organisations und Holacracy befasst, kommt um den Begriff “purpose”nicht herum. Aber ist das nur ein guter Marketing-Coup, um ein Unternehmen frischer, innovativer und für Mitarbeiter attraktiver wirken zu lassen?

Was bedeutet es, über seine Arbeit oder seine Organisation einen Sinn und Zweck zu stellen und wie findet man den? Da es bei Xpreneurs im vergangenen Jahr auch ein paar personelle Veränderungen gegeben hat, fanden wir, dass es  wieder einmal an der Zeit war, sich diese Frage neu zu stellen – mit LEGO® SERIOUS PLAY®.

Purpose – was steckt dahinter?

Mal ehrlich, Erfolg hängt doch in erster Linie nicht davon ab, wie gut wir unsere to-do-Listen abarbeiten. Klar, eine gewisse Zielstrebigkeit und Disziplin ist wichtig, genauso wie die Fähigkeit, Märkte und Kundenbedürfnisse lesen zu können. Aber jeder von uns kennt bestimmt eine dieser Persönlichkeiten, die Begeisterung für eine Sache ausstrahlen, deren Überzeugung für das, was sie tun oder woran sie glauben, von innen kommt. Sie haben eine “Mission”und wissen, warum sie das tun, was sie tun -und stecken andere damit an.

Das gleiche gilt auch für Firmen. Deloitte Global”s CEO Punit Renjen sagt in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Forbes, dass “aussergewöhnliche Firmen es immer geschafft haben, sich bei der Umsetzung an ihrer Mission und ihrem Sinn und Zweck auszurichten”, was sie zu Marktführern werden liess (unter anderem die US-Supermarktkette Whole Foods oder Apple).

Es geht darum, eine emotionale Verbindung zur Arbeit zu schaffen: Anstatt nur zu arbeiten, um Geld zu verdienen, das Gefühl zu haben, einen positiven Beitrag leisten zu können; anstatt mit den Chefs und Kollegen “nur”gut auszukommen, gemeinsam an einer Vision zu feilen und diese Vision in der Welt umzusetzen. Freiwillig, einfach weil man davon begeistert ist.  

Viele Menschen glauben daran, dass sie Teil eines grösseren Ganzen sind und selbst wenn nicht – die meisten von uns  möchten etwas Sinnvolles tun, etwas, das Bedeutung hat. Zumal es doch eine Verschwendung wäre, wenn wir solch einen grossen Teil unserer Lebenszeit, wie wir ihn mit Arbeit verbringen, nicht als sinnvoll erachteten. Menschen, die sich zu einem höheren Mass mit ihrer Arbeit und dem Team verbunden fühlen, zeigen eine höhere Fähigkeit, sich aktiv einzubringen, kreativ zu werden, aber auch in schwierigen Situationen durchzuhalten und mit Stress umzugehen.

Das kommt  wiederum der Firma zugute -weshalb es zunehmend wichtiger wird, dass Organisationen verstehen, den Fokus über den eigenen Profit und finanzielle Erfolge hinaus auf bedeutungsvolle Auswirkungen zu lenken, auf Lösungen, die sozialverträglich und umweltfreundlich sind, die Menschen begeistern und ihnen das Gefühl geben, eine bessere Welt zu schaffen.

Bevor wir bauen

Darum ging es uns also: Wir wollten herausfinden, was uns an der Arbeit bei Xpreneurs begeistert, welche individuellen Anliegen und Absichten sich mit den Anliegen und Absichten der Firma verbinden liessen und wie wir durch unsere Arbeit bei Xpreneurs die Welt ein Stückchen besser machen könnten.

Keine leichten Fragen, schon gar nicht für  Idealisten, deren es bei Xpreneurs einige gibt. Da wir, zwar selbst Berater und mit eigenem LEGO® SERIOUS PLAY® Facilitator, nicht ganz unbefangen waren, engagierten wir einen externen Moderator, Daniel Osterwalder von visualdynamics, um uns bei unserer “Purpose-Journey”zu begleiten. Zunächst reflektierten wir in Zweier-Grüppchen über die eigenen Beweggründe und Ziele, die wir in unsere Arbeit bei Xpreneurs einbringen, aber auch worin Erwartungen und Sichtweisen der anderen bestehen und worum es geht, wenn man alle Perspektiven zusammenführt. Auch Frust und widersprüchliche Gefühle hatten hier Raum, genauso wie die Frage, was uns Energie gibt und wo wir  an gewisse Grenzen stossen.

Die Methode, die uns dabei durch den Prozess leitete, war die Theory U. Theory U besagt, dass es in einem Transformationsprozess in erster Linie nicht darauf ankommt, was oder wie ein Wandel geschieht, sondern aus welcher inneren Haltung heraus. Theory U geht von der Annahme aus, dass bestimmtes Verhalten in einem (sozialen) System nur dann verändert werden kann, wenn die individuellen Handlungen der Mitglieder dieses Systems mehr ins Bewusstsein gerückt werden. In neun verschiedenen Schritten (1. Downloading, 2. Seeing, 3. Sensing, 4. Letting go, 5. Presencing, 6. Letting come, 7. Crystallizing, 8. Prototyping, 9. Performing) betrachtete jeder von uns zunächst die Fakten, das, was bereits da war, und verbanden sie anschliessend mit den Gefühlen, die aus unserem Inneren heraus entstanden. Mit den (Er-)Kenntnissen aus diesen beiden Quellen liessen sich  neue Ideen und Herangehensweisen entwickeln.

Bei der anschliessenden Vergemeinschaftung im Team zeigte sich, was das konkret bedeutete: Wir alle bei Xpreneurs sind Menschen, denen Sinnhaftigkeit und Lebendigkeit wichtig ist, die den Mensch ins Zentrum setzen und für viele viel bewegen möchten. Authentizität, Nachhaltigkeit, Ganzheitlichkeit, Mensch sein dürfen und das Ringen um Klarheit und Verbundenheit sind für uns weitere wichtige Treiber, ebenso wie der Wunsch, für andere Inseln zu schaffen, in denen sie einen wertvollen Beitrag leisten können. Es machte Spass, das herauszukristallisieren, was uns individuell und als Team motiviert und Energie gibt, aber auch ehrlich Grenzen anzusprechen oder das, was frustrierte. Am Ende hatten wir eine bunte Sammlung an Prinzipien und Annahmen, die die Grundlage für unseren gemeinsamen “Purpose”bilden sollten.

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Jetzt geht”s endlich an die Steine

Nach soviel Arbeit kam das Vergnügen, oder eher die visualisierte Vertiefung der oben entstandenen Prinzipien. Die Figuren und Bauelemente von LEGO® SERIOUS PLAY® laden dazu ein, innere Bilder und Vorstellungen lebendig werden zu lassen. Das geschieht spielerisch und im Tun selbst, das Haptische am Bauen regt andere Hirnregionen an als kognitives Brainstormen von Flippchartpunkten. Dieses Vorgehen wird auch “Hand-Knowledge”genannt, was unser  LEGO® SERIOUS PLAY® Facilitator, André Ilg, noch in einem separaten Blogbeitrag näher erläutert wird.

Es dauert. Die Ideen kommen nicht sofort ”¦und die LEGO®steine können auch eigenwillig sein, wenn es darum geht, einen Gedanken in Szene zu setzen. Und doch ist es jedes Mal erstaunlich, was da zu Tage tritt. Wie schnell ein tieferes Verständnis davon entsteht, was sich die Teamkollegen zu einem bestimmten Stichwort gedacht haben. Es geht darum, eine Geschichte zu erzählen, unsere Geschichte, die Geschichte des Sinn und Zwecks von Xpreneurs. Und unsere Geschichte geht so:

Da sieht man ein Boot, das von einer blauen LEGO®-Platte auf eine graue zusteuert. Die blaue Platte ist das Meer, die graue soll ein fremder Kontinent sein. In dem Boot sitzen verschiedene Figuren. Für uns bedeutet das, dass die Menschen im Zentrum unserer Arbeit stehen und wir sie achtsam auf ihrer Suche nach einer neuen Welt und neuen Formen von Zusammenarbeit begleiten möchten. Die Figuren sind unterschiedlich. Eine sitzt vor den anderen und trägt eine Krone. Sie steht für jemanden, der vorangeht in diesem neuen Vorhaben, jemand der Initiative ergreift oder auch den Takt angibt. Weiter hinten eine Figur, die sich abwendet, noch etwas desinteressiert wirkt, oder gar ein Skelett, das gewisse Widerstände symbolisiert. Und doch sitzen sie alle zusammen im gleichen Boot und haben sich aufgemacht ins Unbekannte. Um das Boot herum sind einige Gefahren oder auch “disruptive Arschbeisser”. Sie könnten die Gründe sein, warum sich die Leute im Boot überhaupt bewegen (möchten).

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Wir Xpreneurs helfen diesen Menschen schon bei der Überfahrt und haben verschiedene Mittel, mit denen wir auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen. Man sieht eine Tauchflasche, wenn wir als Berater erst einmal in einem ”Deep Dive” mit dem Kunden herausfinden, wohin die Reise überhaupt gehen könnte. Dann gibt es  einen Hund, für diejenigen Kunden, die erstmal nur schnuppern möchte. Manchmal braucht es auch eine Katze, die verspielt an das Ganze herangeht oder aber wir helfen ihnen, den Schlüssel der Weisheit zu finden.

Auch auf dem “neuen Kontinent”selbst sind verschiedene Prinzipien und Annahmen, die unserer Arbeit zugrunde liegen, mit unterschiedlichsten Szenen aus LEGO® Bausteinen dargestellt. Es ist ein stabiler Bau aus transparenten Klötzen zu sehen. Der steht als “Basislager”für das Streben, unseren Kunden eine gute Ausgangslage zu schaffen, durch die sie Fuss fassen und den neuen Kontinent erkunden können.

Daneben findet sich eine Schatztruhe inmitten von blühenden Pflanzen und kleinen Edelsteinen. Das sind die Ressourcen, welche wir mitgebracht haben und die helfen sollen, einen positiven Beitrag auf dem Kontinent zu erbringen.

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Auf der anderen Seite des Basislagers sieht man viele bunte Steine, die teils unförmig und wild zusammengewürfelt, Vielfalt darstellen sollen. Im Kern doch stabil als Turm ineinander gesteckt, symbolisiert das die Stärke, die aus solch einer Vielfalt entstehen kann.

Daneben steht ein übergrosser Tiger, symbolhaft für den Mut, der uns bei der Erkundung des neuen Kontinents begleitet, und zwei Elefanten, die eine Vielzahl kleiner Köpfe ziehen: “für viele viel bewegen”.

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Authentisch sein, das ist uns wichtig. Darum findet man auf der LEGO®platte auch eine Figur mit durchsichtigem Kopf und daneben ein Skelett. Wir möchten nicht versuchen, anderen etwas vorzumachen, sondern zeigen, wie wir sind, unsere guten Seiten und das, worauf wir stolz sind, aber auch unsere Fehlschläge und das, was vielleicht noch nicht so gut wächst.

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Dazu gehört auch ein ganzheitliches Menschenverständnis. Dargestellt wird das durch eine Figur mit mehreren Köpfen. Sie bedeutet, dass wir uns mit all unseren Facetten zeigen und unsere verschiedenen Hüte anziehen können. Dafür gibt es einen sicheren Raum, der zwar offen und ohne Mauer ist, aber doch mit ein paar Warnlämpchen an den Ecken unseren ganz persönlichen Raum markiert.

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Auf diesem Kontinent gibt es aber auch noch viel Unerforschtes und eine unglaubliche Lebenskraft, die Energie gibt, die wachsen und gedeihen lässt. Vielleicht erscheint es zunächst noch gefährlich oder verwirrend. Oder es gibt abschreckende Mahnmale, die wir stets vor Augen haben, symbolisiert durch ein Skelett auf einer Säule.

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Trotzdem gibt es auch da Wege drum herum und wir tasten uns über teils noch improvisierte und löchrige Routen voran, lernen durch das Beobachten anderer Pioniere und Experimente, die wir abseits vom Wege anstellen.

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Was machen wir jetzt damit?

Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, wenn wir hier jedes einzelne Element unseres LEGO®-Modells beschreiben würden. Sprecht uns aber gerne darauf an, wenn ihr mehr erfahren möchtet.

Am Schluss bleibt die Frage, was wir jetzt mit dieser Visualisierung unseres Sinn und Zwecks machen. War es nur ein spiel- und einsichtsreicher Nachmittag?

Natürlich nicht. Wir haben jetzt herausgefunden, was jeden einzelnen in unserem Team begeistert und welche Prinzipien und Annahmen uns für unsere Arbeit bei Xpreneurs wichtig sind. Somit haben wir eine Grundlage geschaffen, auf der wir unseren Beitrag in der Welt weiterdenken und umsetzen möchten. In einem nächsten Schritt werden wir nun unsere “Purpose Story”so schärfen, dass wir sie auch in einigen kurzen Sätzen der Welt mitteilen können. Ausserdem werden wir ganz konkret an unserem Portfolio weiterarbeiten und so die Brücke schlagen zwischen unserem Sinn und Zweck und dem Xpreneurs Beratungsangebot. Ihr könnt gespannt sein.

Die Suche nach dem Purpose

Wer weiterlesen möchte:

Häufige Kritikpunkte an Holacracy Teil 1
Patrick Scheuerer